Kinderwunsch
Nicht immer erfüllt sich bei Mann und Frau der Wunsch auf Nachwuchs trotz ausreichenden „Probierens“. Tritt nach etwa 1 Jahr noch immer keine Schwangerschaft ein, sollten sich betroffene Paare ärztlichen Rat einholen. In der Regel ist es zunächst der Gynäkologe, welcher durch gezieltes Befragen, etwa zur Regelmäßigkeit des Menstruationszyklus, sowie durch körperliche und laborchemische Untersuchungen nach ersten Anhaltspunkten für eventuelle Abweichungen von der Norm sucht. Beim Mann kann eine solche Untersuchung neben dem Urologen oder Andrologen auch primär durch den Endokrinologen erfolgen.
Nicht selten lassen sich dabei hormonelle Auffälligkeiten finden, welche einen ersten Hinweis auf eine beeinträchtigte Fruchtbarkeit der Frau bzw. Zeugungsfähigkeit des Mannes geben können und im nächsten Schritt durch den Endokrinologen weiter abgeklärt werden sollten.
Im Folgenden werden die bei Frau und Mann am häufigsten in Frage kommenden hormonellen Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch kurz und verständlich dargestellt:
Frau
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
Häufigste Ursache ist die Hashimoto Thyreoiditis, seltener eine in Vergangenheit erfolgte Schilddrüsen-OP oder Radiojodbehandlung. Behandlungsziel ist eine konsequente Normalisierung der Schilddrüsenhormone durch die tägliche Einnahme von Schilddrüsenhormon im Sinne einer Neueinstellung oder aber auch Dosisanpassung bei bereits bestehender Therapie. Der Zielbereich des zu kontrollierenden TSH-Wertes liegt bei unerfülltem Kinderwunsch niedriger und damit strenger als bei anderen Patienten. Kommt es zur Schwangerschaft, so muss anfangs alle 4-6 Wochen eine Kontrolle der Schilddrüsenhormone erfolgen, um die Notwendigkeit zur Dosissteigerung bei sonst erhöhtem Frühabortrisiko nicht zu verpassen.
Männlicher Hormonüberschuss (Hyperandrogenämie)
Häufigste Ursache ist das Polycystische Ovar Syndrom (PCOS), selten das vererbbare Adrenogenitale Syndrom (AGS) und noch seltener Tumoren der Eierstöcke (Ovarien) oder der Nebennieren. Der männliche Hormonüberschuss führt zu verzögerten oder über lange Zeit ganz ausbleibenden Menstruationszyklen (Oligo- bzw. Amenorrhoe). Mildere Zeichen können männliches Haarwachstum (Hirsutismus), z.B. an Oberlippe, Kinn oder Brustwarzen sowie ein unreines Hautbild (Akne) sein.
Hirnanhangsdrüse-Funktionsschwäche (Hypophyseninsuffizienz)
Die Hirnanhangsdrüse befindet sich mittig hinter den Augenhöhlen und sorgt u.a. durch zyklische Bildung der Befehlshormone LH und FSH für die entscheidenden Impulse auf die Eierstöcke (Ovarien) und ihre Funktionen. Dieser zyklische Befehlsimpuls kann ausbleiben, wenn in der Hirnanhangsdrüse eine Störung vorliegt. Ein nicht so seltener Befund ist z.B. ein krankhafter Überschuss des Stillhormons Prolaktin, welches sich mitunter durch Milchausfluss aus der Brust bemerkbar machen kann. Aber auch eine Störung im übergeordneten Hirnareal Hypothalamus, z.B. bei Magersucht oder anhaltenden extremen Stress jeglicher Art kann zum Erlöschen des zyklischen Befehlsimpulses und damit Ausbleiben des Eisprunges führen.
Turner-Syndrom und andere genetische Erkrankungen
Hier ist eine Fruchtbarkeit auf Grund organischer Fehlanlagen (verkümmerte Eierstöcke) prinzipiell nicht gegeben oder bei anderen Erkrankungen höchst unwahrscheinlich. Eine noch nie aufgetretene Menstruationsblutung bzw. eine fehlende Pubertätsentwicklung können darauf hinweisend sein. Der erfahrene Endokrinologe wird hier bei entsprechendem Verdacht eine humangenetische Analyse in Auftrag geben, um Klarheit zu erlangen.
Mann
Hirnanhangsdrüse-Funktionsschwäche (Hypophyseninsuffizienz)
Die Hirnanhangsdrüse befindet sich mittig hinter den Augenhöhlen und sorgt u.a. durch Bildung der Befehlshormone LH und FSH für die entscheidenden Impulse auf die Hoden (Testes) zur Bildung von Testosteron bzw. Spermien. Dieser Befehlsimpuls kann ausbleiben, wenn in der Hirnanhangsdrüse eine Störung vorliegt. Aber auch eine sehr seltene Störung im übergeordneten Hirnareal Hypothalamus ist denkbar.
Primäre Hodenfunktionsschwäche (Primärer Hypogonadismus)
Hier kommen verschiedene angeborene aber auch durch Unfälle oder entzündliche Veränderungen hervorgerufene Hodenfehlfunktionen in Betracht. Durch eine gezielte Befragung und Untersuchung des Genitals, gefolgt von einer Hormonanalyse lässt sich eine solche Problematik rasch aufklären.
Klinefelter-Syndrom und andere genetische Erkrankungen
Hier ist eine Zeugungsfähigkeit auf Grund organischer Fehlanlagen (verkümmerte Hoden) zumindest ohne reproduktionsmedizinische Hilfe höchst unwahrscheinlich oder bei anderen Erkrankungen prinzipiell nicht gegeben. Eine deutlich verzögerte bzw. fehlende Pubertätsentwicklung mit Hochwuchs können darauf hinweisend sein. Der erfahrene Endokrinologe wird hier bei entsprechendem Verdacht eine humangenetische Analyse in Auftrag geben, um Klarheit zu erlangen.